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Leben unterm Gipfelkreuz: 130 Jahre Passauer Hütte

Salzburger Saalachtal

Die Passauer Hütte auf 2.051 Metern ist der einzige Hüttenstützpunkt in den Leoganger Steinbergen. Über der Mittagsscharte, zwischen Birnhorn und Fahnenköpfel, schmiegt sie sich in den Fels und ist seit 1892 beliebtes Ziel für Alpinisten und Wanderer. Michael Faber aus St. Martin im Salzburger Saalachtal ist seit 2011 Hüttenwirt und erzählt aus seinem Hüttenalltag, der Herausforderung eines Lebens unterm Gipfelkreuz und seinen absoluten Glücksmomenten hoch oben zwischen Weißbach, Saalfelden und Leogang.

Ein kleiner Blick zurück
Erbaut wurde die Passauer Hütte vom Deutschen Alpenverein zu einer Zeit, als die mutigen Bergfexe gerade die Alpen erkundeten und Gipfel um Gipfel in die Erstbesteigungs-Liste eingetragen wurde. Östlich des markanten Birnhorns wurde die neu erbaute Bergsteigerunterkunft am 23. Juli 1892 mit einer feierlichen Bergmesse eingeweiht.

Heute ist Michael Faber als Hüttenwirt die „gute Seele“ der Passauer Hütte, doch eine Bewirtschaftung war nicht von Anfang an vorgesehen. Der Hüttenschlüssel wurde vor über 100 Jahren nur an vertrauenswürdige Bergsteiger verliehen und Sektionsmitglieder stiegen ab und zu auf, um nach dem Rechten zu sehen. Doch die Besucherzahlen von anfangs 100 Bergsteigern pro Jahr stiegen mit der touristischen Erschließung der Region ständig an und schon ab 1906 wurde die Hütte bewirtschaftet. Einer Brandstiftung fiel 1946 die ursprüngliche Hütte zum Opfer und es dauerte ein paar Jahre, bis die Geldmittel für einen Wiederaufbau aufgebracht wurden.

Michael Faber – Hüttenwirt aus Leidenschaft
Seit 2011 – mit dem letzten großen Umbau der Passauer Hütte – ist Michael Faber Hüttenwirt. Die letzten Jahre sorgte er gemeinsam mit seiner Frau Evelyn und seinem Team von Juni bis Mitte September für das Wohl der Bergsteiger. Mit viel Einsatz bewirtschaftete das Paar die Passauer Hütte, doch im Jahr 2017 beschlossen sie, getrennte Wege zu gehen. Nach ihrer Trennung übernahm Evelyn die Bewirtschaftung der Franz-Fischer-Hütte im Lungau. Eigentlich kommt Michael Faber aus dem bayerischen Aichach und eigentlich ist er Standesbeamter, doch sieht man ihn in seiner Funktion als Hüttenwirt hoch oben im Fels agieren, so glaubt man, dass er nie etwas anderes gemacht hat. Mit Leidenschaft und einem guten Gespür für Menschen ist er von ganzem Herzen Wirt. Und Wirt sein auf dieser Höhe ist nicht immer leicht, wie er erzählt: „Der Gast stillt beim Bergsteigen eine tiefe Sehnsucht. Oft hat er aber eine etwas verklärte Vorstellung vom Hüttenleben mit im Gepäck. Als Wirt musst du diese Sehnsüchte und Hoffnungen kennen. Über die gute Gastronomie und die schöne Aussicht hinaus wird auch erwartet, dass der Wirt auf alle Fragen eine Antwort hat. Und bei 12.000 Besuchern in der Sommersaison wird man auch manchmal zum Psychologen wenn bei Einzelnen der Aufstieg auf den Berg noch nicht genug Distanz zu den Problemen im Tal gebracht hat. Ganz nebenbei ist man als Hüttenwirt noch erster Wasserversorger, Energiebeauftragter, Kläranlagenmanager und Müllbergbändiger.“

Wasser, das flüssige Gold
Die Passauer Hütte wird erst seit den 1980er-Jahren mit Quellwasser versorgt und Michi Faber ist sich sicher: „Das Wasser ist das Gold der Hütte! Denn obwohl hier heroben ohne Wasser gar nichts ginge, ist das in dieser Höhe nicht selbstverständlich. Wir bekommen unser Trinkwasser über eine 1,4 Kilometer lange Wasserleitung aus einer Quelle im Kuchlkar. Eine ziemliche Seltenheit in der Region des Karstgesteins. Und selbst nach Wochen der Trockenheit versiegt diese Quelle nicht. Doch braucht die Wasserleitung natürlich Wartung und Pflege. Sie muss im Herbst, bevor wir ins Tal packen und der Winter Einzug hält, vollkommen entleert und entlüftet werden. Im Frühjahr dauert es dann immer rund fünf Tage, bis das Wasser bei der Hütte ankommt. Es hängt vom Wasser ab, ob wir in die Saison starten können oder nicht. Aber wenn’s läuft, dann läuft’s. Ebenso beziehen wir unseren Strom für die Hütte aus der Wasserkraft. Wenn wir mit dem Klein-Wasserkraftwerk an die Grenzen stoßen können wir zwar noch auf Solarstrom umstellen, doch nach ein paar Tagen mit bedecktem Himmel heißt es: ,Strom sparen!’ Das ist für manchen Gast schwierig nachzuvollziehen, wenn er eine Steckdose in der Hütte sieht, wir aber bitten, nicht alle gleichzeitig ihre Handys zu laden. Auch unser Staubsauger wird dann nicht in Betrieb genommen und das Duschwasser für uns Hütten-Mitarbeiter bleibt ebenso kalt.“

Wie einem Gastronomiebetrieb im Tal sind auch der Passauer Hütte eine Kläranlage und gewisse Küchen-Standards vorgeschrieben. „Für die zweigeschossige Kläranlage wurde 2012 extra ein Gebäudeteil angebaut. Auch die Küche musste laut Bescheid umgebaut werden, doch die gemütlichen Gaststuben blieben im Original erhalten. Der Müll wird übrigens in einem eigenen Lager getrennt und gesammelt. Erst zu Saisonende, oder wenn eine Nachlieferung eingeflogen wird, kommt der Müll ins Tal. Da freut es uns natürlich, wenn die Gäste ihre Plastikflaschen, die sie im Rucksack mit nach oben genommen haben, nicht bei uns entsorgen“, lässt Michi Faber hinter die Kulissen des Hütten-Alltags blicken.

Rucksacktaxi & Wintereinbruch
Einen Träger braucht es auf der Passauer Hütte auch, denn obwohl zu Saisonstart und noch zwei Mal bis Saisonende mit dem Hubschrauber eingedeckt wird, müssen Michi und Babu spätestens alle zehn Tage ins Tal um Brot, Milchprodukte und Frischwaren einzukaufen. Meist bei Regenwetter machen sich die beiden auf den Weg und bis zu 25 Kilo haben sie am Rückweg als Last auf der Kraxe. „Regenwetter ist bei uns hin und wieder ganz willkommen. Denn dann können wir uns etwas ausruhen. Ansonsten beginnt der Tag für uns immer schon um 5.30 Uhr mit Frühstücks- und Essensvorbereitungen. Hüttenruhe ist um 22.30 Uhr und dann gibt es für uns noch ein gemütliches Feierabendbier. Das hat Tradition und gehört für mich mitunter zu den schönsten Momenten – zu wissen, der Tag ist gut gelaufen, alle sind heil heroben angekommen und schlafen zufrieden in ihren Betten. Wenn Gisela und ich auf den Hochzint gehen möchten, machen wir das in aller Herrgottsfrühe, damit wir rechtzeitig um 5.30 Uhr wieder auf der Hütte sind. Auch diese Momente liebe ich, wenn die Sonne überm Watzmann aufgeht und unter mir die Hütte ganz dunkel und still liegt.“

So schön das Hüttenleben und so traumhaft der Ausblick ins Tal auch sind, es gibt auch etwas, das der Hüttenwirt nach einiger Zeit vermisst: „Hier oben im Fels fehlt mir im Sommer der Duft von Heu, Kuhglocken oder das satte Grün der Almen. Das merke ich aber erst, wenn ich wieder ins Tal komme und mich die Farben richtig flashen. Auch die Privatsphäre kommt mit der Zeit zu kurz, denn wir leben hier auf sehr engem Raum. Besonders wenn wir auf der Hütte eingeschneit sind. Diese Zwangspause nutzen wir zum Vorkochen und Ausrasten. Doch nach einiger Zeit würde es Hüttenkoller geben, also gehen wir Schneemannbauen, backen Weihnachtskekse, kochen uns Glühwein und stricken Hauben. Dann sind die schlechten Tage oft die schönsten Tage.“

Hütten-Anekdoten
Viele lustige Geschichten haben sich auf der Passauer Hütte in den letzten Jahren wohl schon zugetragen und auch in der Pachtzeit von Michi Faber ist schon so einiges passiert. Als guter Wirt tratscht der Michi Faber nicht, doch eine Geschichte konnten wir ihm schließlich noch rauskitzeln – vom hohen Geistlichen Lorenz und der Hüttenruhe. Ob der Hochwürden nun Bischof war oder nicht, kann sich der Hüttenwirt gar nicht mehr erinnern, denn für ihn war er einfach der Lorenz. Und so kam es nach einem lustigen Hüttenabend auch so weit, dass der Geistliche die Gitarre rausholte und mit Hingabe spielte. Irgendwann wurde er vom Wirt ermahnt: „Du Lorenz, jetzt ist aber Schluss, denn die andern Gäste schlafen schon.“ Darauf soll der Geistliche gemeint haben: „Michi lass mich noch ein Lied spielen, denn wer weiß wann ich dem Herrgott das nächste Mal so nahe komm’.“ Wer noch mehr Anekdoten erfahren möchte, geht am besten selbst hinauf auf die Passauer Hütte. Zustiege gibt es in mehreren Varianten. Die, die es eher gemütlich angehen, wählen die Auffahrt mit dem Bergsteiger-Taxi von Weißbach aus. Dann geht man noch rund zwei Stunden über Waldsteige und Almböden bis hinauf in den Fels. Der knackigste und auch kürzeste Aufstieg erfolgt von Leogang – für den dreistündigen Marsch sollte man aber schwindelfrei und trittsicher sein. Auch über Saalfelden und den Lettlkaser kann man die Passauer Hütte in rund vier bis fünf Stunden über einen steilen Steig erreichen. 

TIPP: Von der Passauer Hütte lohnt ein Abstecher zum sagenumwobenen Melkerloch!

Bei diesem Felsentor unterhalb des Birnhorns westlich vom Hochzint wird man mit einem eindrucksvollen Ausblick durch das steinerne Fenster belohnt. Der Sage nach hat der Teufel einen übermütigen Melker, der sich in der guten Milch badete, durch diese Löcher hindurch gerissen. Der Aufstieg von der Hütte führt gut beschildert über die Zintschartl in rund 30 Minuten zum Melkerloch.

Hier geht’s zur Bergtour auf die Passauer Hütte

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