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Schnee ohne Ende

20 TAGE EINGESCHNEIT AM HIRSCHBICHL IN WEISSBACH

„Hier oben bestimmt die Natur! Man muss mit ihr leben, gegen sie geht nicht.“ Die Hohenwarters kennen ‚ihren‘ Hirschbichl ganz genau. Seit Jahrzehnten betreiben sie gemeinsam mit ihrer Tochter Margit den gleichnamigen Alpengasthof am ehemaligen Grenzpass zwischen Bayern und dem SalzburgerLand und haben in dieser Zeit unzählige Gäste in ihrer Bergheimat begrüßen dürfen. Jahre, in denen sie nicht nur einmal die Launen des Wetters und der Natur kennen gelernt haben. Trotzdem würden sie um nichts in der Welt mit den Menschen unten im Tal tauschen wollen. Daran konnte auch der Rekord-Schneefall im Winter 2018/19, in dem sie 20 Tage am Stück eingeschneit waren, nichts ändern. „Natürlich sucht man sich so etwas nicht aus. Wenn man jedoch einmal den Zusammenhalt und die Hilfsbereitschaft der Menschen in so einer Situation erlebt hat, dann weiß man, dass man auch hier oben bei uns nie alleine ist.“

Der Hirschbichl ist ein ganz besonderer Ort. Hier scheinen die Uhren anders zu ticken. Zumindest im Winter. Tief-verschneite Wälder und Gipfel, die Ruhe der Berge und kaum eine Menschenseele, der man begegnet. Im Sommer aber ist die ehemalige Zollstation zwischen Bayern und dem SalzburgerLand ein beliebtes Ziel von Outdoor-Sportlern jeglicher Art. „Besonders die E-Mountainbiker aus dem Salzburger Saalachtal verschlägt es in den letzten Jahren vermehrt hierher“, erzählt Josef Hohenwarter. Auch für Wanderer ist der abgelegene Pass ein lohnendes Ziel und Ausgangspunkt für größere Touren gleichermaßen. Sie alle verschlägt es immer wieder gerne in den Alpengasthof, lassen sich die selbstgemachten Schmankerln schmecken und tauschen sich in den gemütlichen Stuben und im Gastgarten mit Gleichgesinnten aus. Für alle, die etwas länger am Hirschbichl inmitten des Naturparks Weißbach verweilen möchten, oder sich auf einer längeren Tour befinden, warten im Bergheim 47 Betten zur Übernachtung.

So spielt sich das Leben von Mai bis Oktober ab. Dann, wenn sich die Almen im Naturpark Weißbach wieder leeren und Einheimische darauf schwören, den nahenden Schneefall bereits riechen zu können, kehrt auch am Hirschbichl und im Leben der Hohenwarter die Ruhe ein. „Im Sommer dreht sich alles um die Arbeit und unsere Gäste. Im Herbst und Winter machen wir dann wieder das, was uns wichtig ist.“ Wandern, Familie und Freunde besuchen, und auch Reisen.  

Es schneit

Josef Hohenwarter verbrachte sein ganzes Leben in den Bergen und übernahm gemeinsam mit seiner Frau Margit den Gasthof von den Eltern. „Wir kennen die Natur und das Wetter sehr genau und waren schon oft von der Außenwelt abgeschnitten. Die 20 Tage, die es im Winter 2018/19 gewesen sind, waren aber auch für uns etwas völlig Neues.“ Eingeschneit werden passiert nicht über Nacht. Auch nicht auf 1.183 Metern über dem Meer. „Wir kennen die Anzeichen sehr genau und haben uns deshalb relativ schnell auf die Sperre der Straße von Weißbach herauf vorbereitet. Zu Essen und Trinken gibt es im Alpengasthof naturgemäß genug und auch die Stromversorgung ist doppelt auf solche Situationen ausgelegt.“

Und es schneite und schneite weiter. So lange, bis die gut ausgebaute Straße von Weißbach in den Naturpark und weiter zum Hirschbichl vollends im Schnee versank und eine Räumung ob der großen Lawinengefahr nicht mehr möglich war. Da die Passhöhe und der Alpengasthof samt seiner Bewohner weit abseits jeglicher Gefahr gelegen sind, machten sich die Hohenwarters daran, das Leben so normal wie nur irgendwie möglich fortzusetzen. Telefonisch waren sie dabei immer mit ihrer Familie im Tal verbunden und ließen sie regelmäßig wissen, dass alles in Ordnung sei und es ihnen gut ginge. So es das Wetter zuließ, unternahmen sie fast täglich Schneeschuhwanderungen, befreiten die Wege und Straßen vom Schnee und versuchten auch, die Dächer der Häuser zu entlasten. Dies gelang freilich nur in Maßen, war die Schneehöhe doch mittlerweile bis auf 4,5 Meter angewachsen. „Man darf sich das alles nicht so schlimm vorstellen. Wir haben es warm, es ist genug zu essen da und auch sonst kann man sich durch Lesen, Reden, an die frische Luft gehen, natürlich Sport und ein bisschen Fernsehen die Zeit vertreiben. Die einzige Sorge hatten wir, ob alle Dächer dem Druck standhalten würden.“

Hilfsbereitschaft, wie man sie sich nur wünschen kann

Ein Anruf des Bürgermeisters von Weißbach war es dann, der den ersten persönlichen Kontakt mit anderen Menschen nach mehr als zwei Wochen zur Folge hatte. „Wir waren immer mit den Leuten im Tal im telefonischen Kontakt. Bei einem Gespräch mit dem Bürgermeister erwähnten wir dann unsere Sorge um die Dächer und dass ein wichtiges Medikament schön langsam knapp werden würde. Daraufhin sicherte er uns Hilfe zu.“ Wie diese jedoch aussehen würde, damit hatte das Ehepaar sicherlich nicht gerechnet. Denn schon am nächsten Tag machten sich 17 Personen der Feuerwehr und der Bergrettung mit ihren Tourenskiern auf und wagten den anstrengenden Aufstieg zum Hirschbichl. Die Hohenwarter trauten ihren Augen nicht. Dächer wurden vom Schnee befreit, Straßen geräumt und natürlich die benötigten Medikamente gebracht. „Wir wissen einfach, dass egal was passiert, wir uns auf die Menschen in der Region verlassen können. Und das gibt uns schon eine große Sicherheit. Auch wenn knapp drei Wochen auf uns allein gestellt sein, nicht nur gemütliches Entspannen bedeuten.“

Nach 3 Wochen wurde die Straße geöffnet und im Leben der Familie Hohenwarter ist wieder Normalität eingekehrt. Soweit man das zumindest sagen kann, auf fast 1.200 Metern Seehöhe. Den Winter 2018/19 werden sie so schnell trotzdem nicht vergessen. Die Schönheit des tiefsten Winters, die Schneemassen und natürlich die Wärme der Menschen. „Hier in den Bergen kann man sich aufeinander verlassen. Das wissen wir und darauf vertrauen wir. Und trotzdem sind wir unendlich dankbar für all die Hilfe, die uns in diesem Winter zuteil wurde.“

Der Hirschbichl – ein Blick zurück

Bereits im 13. Jahrhundert diente der Hirschbichl als vielgenützter Saumweg zum Transport des Halleiner und Schellenberger Salzes nach Tirol. Früh wurde die sogenannte ‚Mooswacht‘ zu einer Salzburger Passbefestigung ausgebaut. Militärisch rückte er dann im Winter 1525/26 in den Mittelpunkt. Es tobte der Salzburger Bauernaufstand. Der ehemalige Bauernführer Michael Gruber, der ins Lager des Erzbischofes übergelaufen war, überschritt in einer List mit seinen Truppen den Hirschbichl und eroberte so das ganze Land um Lofer. Ab 1734 lässt sich ein Bierausschank urkundlich belegen, was den Unmut anderer Wirte aus den Tälern Salzburgs und Bayerns zur Folge hatte. 1805 wurde dann schließlich das Wachthaus zu einem Gasthaus umgebaut und mit einer Konzession ausgestattet.

In den Franzosenkriegen bewies sich der Hirschbichl als fast uneinnehmbares Bindeglied zwischen den Pässen Strub und Lueg. Erst nachdem die Österreichischen Truppen zweiteren räumten, gaben auch die Pinzgauer Schützen den Hirschbichl auf. Nach der Gründung von Maria Kirchental in St. Martin in den ersten Jahren des 18. Jahrhunderts, führte ein vielbegangener Wallfahrts- und Pilgerweg von Berchtesgaden über den Hirschbichl ins Salzburger Saalachtal und dann weiter zur Wallfahrtskirche. 1849 wurde schließlich die noch heute bestehende Kapelle gebaut.

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