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Der Biber ist (wieder) da

Ein fast ausgerotteter, schwimmender Mitbewohner erobert die Gewässer des Salzburger Saalachtals

Der Biber ist zurück in unserem Landschaftsbild und hinterlässt dort, wo er sich angesiedelt hat eindeutige Spuren. Wir tauchen gemeinsam mit der Biberbeauftragten des Landes ein in die Welt dieses interessanten Nagetiers.

Der Gewässerreichtum des Salzburger Saalachtals ist nicht nur bei unseren Urlaubern und Wassersportlern höchst beliebt. Wo die einen ein erfrischendes Bad nehmen, mit Kanu oder Kajak durch die Stromschnellen paddeln oder mit dem E-Bike entlangradeln, baut der „tierische Rückkehrer“ seine gigantischen Burgen, stillt seinen Hunger entlang der Böschung oder versucht sich schon mal in der Restrukturierung des Geländes durch Dammbau. Kein Wunder, dass der pelzige Nager daher nicht bei jedermann beliebt ist. Dort, wo er auftaucht, entstehen Spannungen. Das weiß auch Gundi Habenicht, die offizielle Biberbeauftragte des Landes Salzburg. Sie ist sozusagen die erste Anlaufstelle für Betroffene, Biber-Botschafter und Kummerkasten. Täglich ist sie auf ihren „Baustellen“ entlang der Saalach unterwegs und überwacht die Aktivitäten des Bibers.

Herausforderung und Chance

Nach seiner beinahe völligen Ausrottung in Mitteleuropa mit Ende des 19. Jahrhunderts ist das größte europäische Nagetier bei uns wieder heimisch geworden. Die Biber-Botschafterin weiß: „Der Biber war einst millionenfach verbreitet und wegen seines Pelzes für die Hutindustrie fast ausgerottet. Jetzt ist er zurück mit etwas über 100 Revieren im Land Salzburg, zehn davon zwischen Unken und Saalfelden, und beginnt seine Arbeit – das Restrukturieren der Bäche. Das bedeutet für uns eine Herausforderung und Chance, denn keiner ist froh, wenn er einen der rund 400 Biber vor der Haustür hat, der seinen Hunger an den geliebten Obstbäumen stillt, oder das Ufer untergräbt. Doch würde man abseits der oft emotionalen Konflikte den Biber machen lassen, hätte er durchaus positive Auswirkungen auf die Natur. Er renaturiert besser und schneller als jeder Bagger, gleicht den Wasserhaushalt aus, hebt den Grundwasserspiegel, versorgt das Terrain auch in Trockenzeiten mit Wasser und bremst kleinere Hochwasser. Kürzlich war in den Medien zu lesen, dass ein Biber in Tschechien durch seinen Dammbau Renaturierungsarbeiten und Baggerkosten in Millionenhöhe eingespart habe.“ Was also tun, um diesen schwimmenden Mitbewohner, der übrigen streng geschützt ist, konfliktfrei zu integrieren? „Die Kunst ist es, den Biber dort Raum zu geben, wo wir ihm Platz lassen können und wo er nützlich ist und keinen wirtschaftlichen Schaden anrichtet. Sein Lebensraum ist unmittelbar ans Fließgewässer gebunden. Nach seiner Rückkehr ist natürlich nichts mehr wie zuvor – die Region ist mittlerweile stark besiedelt und die Flüsse sind vielfach reguliert. Wenn wir ihm ein Umfeld schaffen können, wo er aktiv sein darf, kann man ihn aus anderen Regionen, wo diese Aktivitäten nicht tolerierbar sind, leichter fernhalten.“

Im Salzburger Saalachtal sind viele Menschen jedenfalls durch die Rückkehr des Bibers gefordert. Nächtliche Fress-Attacken erfordern manchmal das Fällen der angenagten Bäume aus Sicherheitsgründen. Bäume werden mit Maschendrahtgittern vor den scharfen Zähnen des Nagers geschützt und Neuansiedelungen werden genau im Auge behalten. Und oft ist es dann Gundi Habenicht, die als Konfliktmanagerin gerufen wird und alle Beteiligten an den Tisch holt, um Lösungen zu finden.

Wie tickt der Biber?

Der Biber war lange vor dem Menschen Bewohner dieser Erde und hat einige interessante Körpermerkmale, die ihm sein Überleben sichern. Sein Pelz ist unglaublich dicht und erlaubt ihm daher auch winterliche Bäder, denn die Eingangstür der Biberburg – sein Wohn- und Schlafzimmer – liegt unter Wasser. Auf einem Quadratmillimeter Biberhaut befinden sich 230 Haare – im Vergleich dazu haben wir Menschen nur 6 Haare pro mm2. Den Pelz pflegt er gewissenhaft mit einem Sekret, das sich „Bibergeil“ nennt – es fettet den Pelz und hält das Wasser fern. Seine markanten Zähne besitzen keine Wurzeln und wachsen ständig nach. Eisenoxid im Zahnschmelz gibt den Zähnen den typisch orangen Farbton und macht sie messerscharf. Der Biber ist ein ausgezeichneter Schwimmer – sein platter Schwanz, die Kelle, ist nicht nur ein ausgezeichnetes Fettdepot, sondern wie seine Schwimmhäute zwischen den Zehen Antrieb und Steuerruder unter Wasser. Bei Gefahr klatscht er mit der Kelle aufs Wasser und mittels dieser Alarmanlage warnt er die Familie vor Angreifern. Generell ist der Biber ein sehr soziales und monogames Familientier – meist wohnen drei Generationen unter einem Dach in den geräumigen Biberburgen. Der Biber ist durch und durch „veggie“ und ernährt sich im Sommer von Kräutern und Wasserpflanzen – im Winter stillt er seinen Hunger an den Stämmen der Laub- und Obstbäume. Er ist dabei so effizient, dass er in einer Nacht einen Stamm mit 50 cm Durchmesser durchaus fällen kann. Sein Gang ist watschelnd und die Sehkraft nicht besonders gut entwickelt – er ist auch etwas farbenblind. Dafür hört und riecht er ausgezeichnet. Im „Hotel Mama“ bleibt der Biber übrigens etwa zwei Jahre, dann wird er hinausgeworfen, um sich selbst ein Revier zu suchen. Der Bibernachwuchs hat dann noch ein Jahr bis er selbst eine Familie gründet – in dieser Zeit gilt es, ein Revier zu erobern, eine Burg zu bauen und einen Partner zu finden, mit dem der Biber ein lebenslange Bindung eingeht.

Auf Spurensuche in der Region

Wer entlang der Saalach und kleinen Zuläufe spaziert kann beim aufmerksamen Beobachten dem Biber auf die Spur kommen. Frische Holzschnitzel und Nagespuren verraten, wo der Biber zuletzt seinen Hunger gestillt hat. Wer genau hinsieht, entdeckt vielleicht kleine Staudämme oder sogar die Biberburg – eine Ansammlung von Holzknüppeln. Den Eingang zur Burg sucht man unter Wasser, oft verrät eine kleine Rinne im Bachbett, wo der bis zu 20 Kilo schwere Biber den Bau verlässt. Auch an Land verraten Spuren, dass sich hier öfter ein Biber bewegt. Sogenannte Biberrutschen am Ufer zeigen, wo er gewöhnlich ins Wasser gleitet. Bei viel Glück zeigt sich die Biberfamilie – ein Biber hat bis zu sechs Junge – schon mal untertags, doch eigentlich ist der Nager besonders im Winter dämmerungs- und nachtaktiv. Und auch die Ohren sollte man bei der Bibersuche aufsperren, denn seine Laute ähneln menschlichem Gejammer.

Zur Person:

Gundi Habenicht ist Biologin und seit 2009 Biberbeauftragte des Landes Salzburg. Als Konfliktmanagerin setzt sie alle an einen Tisch und sucht als Biber-Ambassador nach Lösungen unter Berücksichtigung der Bedürfnisse des Bibers, seinem ökologischen Potential und den Befürchtungen der Grundstücksbesitzer. Ein spannender, aber schöner Job im Spannungsfeld Mensch-Tier mit Spielregeln, die die Natur und das Gesetz vorgibt.

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