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Ein Blick hinter die Kulissen der Hochalm

„Uns geht’s am besten, wenn die Leute zufrieden sind“

Hüttenwirt Klaus erzählt über das winterliche Treiben auf der Hochalm in Unken.

Ob man zu Fuß hinaufgeht und mit dem Schlitten runterfährt, mit Schneeschuhen wandert oder eine Skitour macht: Die Einkehr in der Jausenstation gehört dazu. Legendär sind die Kaspressknödel, der Kaiserschmarrn oder die Kasnocken. Die Hochalm ist ein wunderbarer Ort, um zu entschleunigen und sich auf das Wesentliche zu besinnen. Sitzt man nach dem ca. anderthalbstündigen Aufstieg in der holzbeheizten Hütte bei Kaffee und selbstgemachtem Kuchen, kann man Uhrzeit und Termine einfach vergessen. Das Leben lässt sich auf der winterlichen Alm genießen – mit oder ohne Schnee. Hüttenwirt Klaus erzählt, dass die Arbeit auf dem Berg nicht immer leicht ist. Er wünscht sich, dass die Menschen wieder lernen, mit weniger zufrieden zu sein. Für das Gespräch hat er sich an einem lauen Abend im August Zeit genommen.

Wie kann man sich den Alltag auf der Alm im Winter vorstellen?

Wir sind im Winter nur tagsüber auf der Hütte. In der Früh fahren wir hinauf und heizen ein. Seit 2017 haben wir Strom, davor haben wir ohne Strom gewirtschaftet. Es gefällt uns sehr, dass wir jetzt Strom haben. Wir heizen mit Holz und kochen mit Gas, aber auch auf dem Holzofen. Zu uns kommen Tourengeher, Schneeschuhwanderer und natürlich Schlittenfahrer. Abends fahren wir runter, und ich richte die Rodelbahn wieder etwas her. Den Weg herauf räume ich mit dem Traktor. Bei großen Schneemassen brauche ich manchmal Hilfe.

Was macht ihr, wenn es keinen Schnee gibt? Habt ihr dann zu?

Nein, nein. Letztes Jahr Weihnachten hatten wir keinen Schnee, aber die Gäste waren alle sehr gut gelaunt, weil traumhaftes Wetter war. Wenn das Wetter schön ist, sind die Leute noch im Spätherbst unterwegs. Sobald der Schnee kommt, gehen sie mit den Schlitten und Schneeschuhen herauf. Von daher würde es eigentlich nie eine Ruhezeit geben, weil die Menschen so sportlich, so aktiv geworden sind. Sie gehen einfach gern. Aber im Frühling und im Herbst haben wir auch mal eine Ruhepause.

Was sind eure kulinarischen Highlights im Winter?

Die Karte ist im Winter fast gleich wie im Sommer, nur etwas reduziert. Immer gut gehen die Klassiker: Kaspressknödel, Kaiserschmarrn und Kasnocken. Dadurch, dass im Winter so viel los ist und wir nur zu zweit in der Küche sind, können wir nicht alles anbieten. Wir geben unser Bestes, aber die Arbeit auf der Alm ist einfach schwieriger. Wir sind kein Bergrestaurant und keine Schihütte. Natürlich nehmen wir auf bestimmte Bedürfnisse Rücksicht, wir bieten zum Beispiel vegetarische und vegane Gerichte an, aber es gibt Grenzen. Ich werde nie Pommes haben, und ich werde nie eine Fritteuse haben. Ich bin eine Alm und Punkt.

Seit wann betreiben du und dein Team schon die Jausenstation?

Ich bin seit 40 Jahren heroben, Rudi und Margot seit 30 Jahren.

Was hat sich in der Zeit alles verändert?

Positiv verändert hat sich, dass heute viele junge Leute unterwegs sind, auch viele Mädchengruppen. Das war in meiner Anfangszeit nicht so. Die Jungen sind aktiv: Radfahren, Klettern, Laufen. Die Menschen sind sportlicher geworden. Negativ verändert hat sich, dass sie keine Zeit mehr haben. Alles soll schnell und noch schneller gehen. Keiner hat mehr Zeit zu warten und auch nicht für Gemütlichkeit. Viele stehen so unter Druck. Das ist schade. Vor 40 Jahren waren die Leute noch zufriedener. Sie waren froh, dass es überhaupt eine Hütte gab, wo sie bewirtet wurden. Heute ist alles selbstverständlich geworden. Es gibt Leute, die sich hinsetzen und fragen: Was haben Sie Veganes? Wie lautet das W-Lan-Passwort? Das ist anders als früher. Auch was das Essen angeht, verstehen viele nicht, dass, wenn etwas aus ist, es einfach aus ist. Ich müsste mit der Schneefräse bis ins Dorf runterfahren und auf das Auto umsteigen, um einzukaufen. Das ist nicht so leicht.

Worin besteht für dich der Reiz, als Hüttenwirt auf der Alm zu arbeiten?

Es ist die Arbeit an sich, der Umgang mit den Leuten. Das ist kein langweiliger Job. Jeden Tag werden die Karten neu gemischt. Du weißt nicht, was daherkommt. Das ist das Schöne. Und abends, wenn du zufrieden sein kannst, dass der Tag gut gelaufen ist, sitzt du noch auf der Terrasse und lässt den Tag Revue passieren. Erst neulich war eine Familie zum Frühstücken bei uns. Beim Gehen sagte mir der Vater, wie unendlich dankbar er uns sei, denn seine kleine Tochter habe die ganze Zeit mit den Hühnern gespielt. Sie hat eine Stunde lang die Hennen herumgetragen und nicht ein einziges Mal das Handy verlangt. Manche Leute sagen mir, dass sie jedes Jahr gerne wiederkommen und wie schön es ist, dass wir noch da sind. Die schauen gar nicht in die Karte, denn sie wissen schon, was sie bestellen wollen. Da weiß ich, wir sind auf dem richtigen Weg.

Wenn ihr auf der Hochalm einen Wunsch freihättet, welcher wäre das?

Dass wir gesund bleiben. Und dass die Leute wieder lernen, was Entschleunigung ist, was Zufriedenheit ist. Dass man mit wenig auch glücklich sein kann. Dass man schätzt, gesund zu sein und auf den Berg gehen zu können. Es gibt viele Menschen, die das gern tun würden, aber nicht können. Unten steht die ungefähre Gehzeit angeschrieben. Manche kommen herauf und sagen: Wir haben viel weniger Zeit gebraucht. Aber es ist ja nicht der Sinn, dass ich auf die Uhr schaue und es in einer bestimmten Zeit schaffe. Ich muss gehen, wie es mir guttut, wie es mir Spaß macht. Es ist so schön, wenn kleine Kinder erzählen: Wir haben Blumen gesehen und Schmetterlinge, wir haben Erdbeeren und Heidelbeeren gefunden. Für mich ist das Schönste, wenn ich die Menschen glücklich machen kann. Das hört sich jetzt kitschig an, aber wenn ich dazu beitragen kann, dass unsere Gäste einen schönen Tag haben, dann ist das für mich die größte Erfüllung. Uns geht’s am besten, wenn die Leute zufrieden sind.

Spürt ihr auch in Bezug auf das Klima und die Umwelt Veränderungen auf der Alm?

Veränderungen gibt es schon. In den ersten Jahren, in denen ich heroben war, in den Achtzigern, hat im Sommer kein Mensch nach einem Sonnenschirm gefragt. Ich hatte nicht einmal einen Sonnenschirm. Und jetzt, sobald die Sonne rauskommt, muss sofort ein Sonnenschirm her, weil man es sonst nicht aushält. Die Winter sind kürzer geworden und nicht mehr so kalt. Wenn ich daran denke, wie kalt es hier oben früher war, über Wochen und Monate… da freuten wir uns im Februar, wenn wir an der Hüttenwand in der Sonne sitzen konnten.

Was macht ihr, wenn ihr nicht auf der Hütte seid?

Kurz erklärt: Ich bin daheim. Oder wir fahren auf Urlaub, auch gemeinsam, weil wir uns gut verstehen. Wir arbeiten seit über 30 Jahren zusammen. Da muss man sich gut verstehen, speziell auf einer Hütte. Da hast du keine Ausweichmöglichkeiten. Du kannst nicht sagen: Steig‘ mir auf den Buckel, ich geh‘ jetzt.

Was tut man, wenn es auf der Alm dicke Luft gibt?

Man schweigt sich an (lacht). Nein, das ist ganz normal im Gastgewerbe, dass man sich mal anpflaumt. Bei uns ist auch nicht alles rosa. Wir raufen uns wieder zusammen. Es gibt mal einen Knatsch und ein reinigendes Gewitter, und dann läuft es wieder, dann scheint wieder die Sonne. Wir lachen miteinander und vertragen uns. Es ist schon fast wie in einer Ehe, würde ich sagen.

Wie bist du Hüttenwirt auf der Hochalm geworden?

Meine Großeltern haben hier mit der Jausenstation angefangen, 1969. Mein Großvater war in Pension und wusste nicht, was er zu Hause machen sollte. Er entschied, hier eine Jausenstation aufzumachen. Die Hochalm ist eine der wenigen Almen, die über all die Jahre mit Vieh bewirtschaftet waren. Als meine Großeltern einmal Verstärkung brauchten, war ich einen Sommer lang heroben. Aus dem einen sind schließlich vierzig Sommer geworden. Meine Eltern haben später im Winter mit der Schlittenbahn angefangen. Ich war damals den Winter über weg, in der Schweiz und in Australien. Seit 1989 bin ich auch im Winter heroben.

Australien?

Das war mein Traum, den ich immer verfolgt habe. Eigentlich wollte ich aufs Schiff gehen. Aber mich haben sie nirgends genommen, weil ich nicht Englisch gesprochen habe. Da habe ich mir gedacht, ich gehe im Winter dorthin, wo Englisch gesprochen wird. Das war einmal Australien und einmal Neuseeland. Aber das Schiff ist ohne mich abgefahren (lacht).

Was für ein Glück für die Gäste der Hochalm. Vielen Dank für das Gespräch, Klaus.

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