Wanderpass – Von Code zu Code
Auf Punktejagd im Salzburger Saalachtal
„Wanderurlaub in Österreich – na toll.“ Meine Tochter kann sich vor Begeisterung kaum halten, als ich ihr unsere diesjährigen Urlaubspläne eröffne. Früher ist sie voller Begeisterung mit mir durch die Berge gezogen, aber in der Vorpubertät kann man damit anscheinend nicht mehr wirklich punkten.
„Wandern ist doch langweilig, ich will lieber an den Strand.“ Nicht einmal die Aussicht darauf, dass wir gemeinsam mit ihrer Freundin Lisa und deren Mama einen Mädelstrip starten, kann sie aufheitern. Dementsprechend gedämpft ist die Stimmung im Auto. Plötzlich tauchen die ersten Berge am Horizont auf. Ich drehe mich zu den Kindern um und siehe da, beide haben doch ein kleines Glitzern in den Augen … das würden sie aber natürlich niemals zugeben.
Ein wahrer Motivationsschub – der Wanderpass
Während wir im Hotel einchecken, sitzen die Mädels mit unbeteiligten Mienen auf dem Sofa im Eingangsbereich. Auf einmal entdeckt meine Tochter etwas auf dem Tisch: „Ein Wanderpass Mama, was soll denn das sein?“ Die freundliche Frau an der Rezeption erklärt uns, dass in der ganzen Region an insgesamt 66 verschiedenen Wanderzielen Schilder mit Codes angebracht sind, welche man finden und in den Wanderpass eintragen kann. Bei einer bestimmten gesammelten Punktzahl darf man sich im Tourismusbüro seine verdiente Wandernadel in Bronze, Silber, Gold oder, als Königsklasse, in Eichenlaub abholen. „Na das klingt doch cool, findest du nicht?“, frage ich meine Tochter. „Wandern ist nicht cool“, sagt sie und kehrt zu ihrem Sofa zurück. Entschuldigend schaue ich die Rezeptionistin an. „Geben Sie mir trotzdem mal einen mit, bitte“, sage ich. Am nächsten Morgen machen wir uns auf zu unserer ersten Wanderung. Von der Mittelstation der Almbahn I folgen wir dem malerischen Wasserfallweg in die Almenwelt Lofer. Das Wetter ist grandios, die Aussicht fantastisch aber die Stimmung leider immer noch eher verhalten. Auf einmal sieht die Tochter meiner Freundin ein kleines gelbes Schild an einem Wegweiser. Auf dem steht ein dreistelliger grün gerahmter Code. „Hey, das ist doch für diese Wandernadel, von der die Frau im Hotel gestern gesprochen hat, oder?“ „Ja genau“, sage ich, „sollen wir ihn mal aufschreiben?“ Innerlich beglückwünsche ich mich, dass ich den Wanderpass heute Morgen noch schnell in den Rucksack gesteckt habe. „Von mir aus“, meint meine Tochter leise. Oben beim Mittagessen schauen die beiden Mädels doch mal in den Wanderpass und stellen erstaunt fest, dass es in der Almenwelt Lofer gleich noch zwei weitere Codes zu finden gibt. Nachdem der Kaiserschmarrn bis auf den letzten Krümel verputzt wurde, starten wir deswegen, überraschender Weise ohne die üblichen Diskussionen, zu einer Nachmittagsrunde über die Alm und notieren uns die Codes am Marmorsee und bei der Kechtalm.
Abends im Hotel stellt meine Tochter erstaunt fest: „Mama, das sind schon 12 Punkte, mir fehlen nur noch 18 bis zur bronzenen Wandernadel.“ Und mit dieser Feststellung war unser Wanderurlaub gerettet.
Die Punktejagd beginnt
In den nächsten Tagen machten die Kinder die Pläne. Nachdem wir im Tourismusbüro eine Wanderkarte erstanden hatten, auf der alle Standorte von Codes mit gelben Punkten eingetragen waren, fanden wir unsere beiden Mädels jeden Abend über die Karte gebeugt, wie zwei kleine Entdecker. Es wurde für den nächsten Tag eine Route geplant, mit der immer möglichst viele Codes zu erhaschen waren. Auf diese Weise lernten wir die Region von einer ganz anderen Seite kennen und kamen an Orte, die sonst wohl eher nicht auf unserem Wanderplan gestanden hätten. So entdeckten wir beispielsweise die rauschende Innersbachklamm in Reith oder den Kalvarienberg mit seiner kleinen alten Kapelle und einem traumhaften Ausblick über das Wanderdorf Unken. Kurz gesagt, die Mädels übernahmen die Rolle der bestens informierten Wanderführer und wir Erwachsenen konnten beim Frühstück gar nicht so schnell unseren Kaffee austrinken, wie sie angezogen, mit Rucksack ausgerüstet und bereit für die nächste Tour waren.
Die verdiente Belohnung
Am Abreisetag machten wir dann einen Stopp im Infobüro Lofer, um uns die fleißig erwanderte Belohnung abzuholen. Nachdem die Codes eingehend geprüft und die Punkte nochmals zusammengezählt waren, konnten wir stolz unsere Wandernadeln entgegennehmen. Die beiden Mädels strahlten mit ihrer bronzenen Wandernadel um die Wette und ließen es sich natürlich nicht nehmen, diese gleich anzustecken und auch bis zum ersten Schultag nicht mehr abzunehmen. Den Wanderpass hat meine Tochter sorgsam in Ihrem Koffer verstaut … denn bis zur silbernen Nadel fehlen gar nicht mehr so viele Punkte. Und ich wollte meinen Ohren nicht trauen, als sie beim Verlassen des Infobüros munter rief: „Bis nächstes Jahr.“
Zum Schmunzeln
Im Infobüro erleben wir immer wieder amüsante und erstaunliche Geschichten rund um den Wanderpass. Diese wollen wir Euch natürlich nicht vorenthalten:
• Im Sommer bekamen wir eine Anfrage per E-Mail von einem nach eigenen Angaben fleißigen Wanderer. Er hatte vom Wanderpass erfahren und war nun dabei sich „online“ eine Wandernadel „zu verdienen“, indem er versicherte, dass er all die Wanderziele vor circa 30 Jahren als Kind schon besucht hatte und deswegen um die Zusendung der Codes bat. Nachdem wir Ihm freundlich mitteilen mussten, dass dies leider nicht möglich ist, tauchte am nächsten Tag ein Post in der privaten Facebookgruppe „Fans und Freunde der Almenwelt Lofer“ auf, in der mit derselben Begründung nach den Codes gefragt wurde. Die Rückmeldungen der Community hielten sich aber auch hier in Grenzen…
• Ein ungefähr 70-jähriger Herr marschierte entschlossenen Schrittes ins Infobüro und legte seinen Wanderpass vor, um sich die Wandernadel in Eichenlaub abstempeln zu lassen. Wir beglückwünschten ihn und fragten, in welchem Jahr er mit dem Sammeln begonnen hatte. „Vor 7 Tagen“, antwortete er unbeeindruckt. Da blieb uns dann doch kurz der Mund offen stehen…
• Im Mai bekamen wir eine Mail mit der Bitte um Zusendung eines leeren Wanderpasses. Die Dame war dabei ihren Urlaub für August zu planen und bat uns außerdem, Ihr einen Wochenplan für Wanderungen zu erstellen, so dass Sie genau 100 Punkte sammeln kann. Die Aufgabe hat einige Stunden und mehrere Mitarbeiter in Anspruch genommen. Ob sie es geschafft hat, haben wir leider nie erfahren…
So, und wie kommt Ihr nun zu einem Wanderpass?
Diesen könnt Ihr Euch bei Eurem Vermieter oder im Infobüro Lofer abholen. Alle Details zu den Zielen, Punkten, etc. findet Ihr vorab schon hier.